Veranstaltung: | Landesparteitag Schleswig-Holstein September 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 5 Anträge |
Antragsteller*in: | LAG KiJuFa und LAG Bildung (dort beschlossen am: 22.08.2023) |
Status: | Eingereicht |
Abstimmungsergebnis: | Nein: 1, Enthaltungen: 1 |
Eingereicht: | 24.08.2023, 20:21 |
A18: Durch Qualität im Ganztag in allen Schulen in SH Lern- und Lebensräume entstehen lassen
Antragstext
Auf Bundesebene wurde die stufenweise Einführung eines Rechtsanspruchs auf die
Schulkindbetreuung in Grundschulen ab 2026 beschlossen. Dies stellt Kommunen
auch in Schleswig-Holstein vor große Herausforderungen. Uns GRÜNEN ist wichtig,
Schulen, Trägern, Partnerinnen und Partnern der außerschulischen Bildung, aber
auch Kindern und ihren Eltern Orientierung zu geben und gemeinsam daran zu
arbeiten, den Ganztag nachhaltig und zukunftsfähig auszugestalten. Mit der
Entwicklung einer Rahmenkonzeption für den Ganztag in Schleswig-Holstein werden
jetzt Weichen gestellt für die Mindeststandards für Schulkindbetreuung in den
Kommunen und kreisfreien Städten.
Wir wollen für unsere Kinder mehr als Betreuungseinrichtungen mit
Mittagsverpflegung und Hausaufgabenzeit. Wir wollen flächendeckend im Land
pädagogische Lern- und Lebensräume schaffen, in denen pädagogische Fachkräfte
Kindern selbstbestimmtes Lernen ermöglichen und Bildungsgerechtigkeit sowie
inklusives Lernen selbstverständliche Ziele der pädagogischen Arbeit sind. Lern-
und Lebensräume, die auch Lehrkräften einen anderen Blick auf Kinder
ermöglichen. Unser Ziel ist, dass Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte im Ganztag
sowie Schulsozialarbeit gemeinsam Ganztag in der Schule entwickeln – in den
kreisfreien Städten genauso wie in den ländlichen Kommunen.
Als GRÜNE setzen wir uns für ein landesweit verbindliches Rahmenkonzept zur
Qualität des Ganztags ein, welches inhaltliche und pädagogische
Qualitätsstandards für die Ausgestaltung der Ganztagsbetreuung formuliert. Nach
Haushaltslage werden den Kreisen und kreisfreien Städten entsprechend der
Anforderungen der Bildungsleitlinien für pädagogische Räume, Personal und
Ausstattung Haushaltsmittel für die schrittweise Umsetzung zur Verfügung
gestellt.
- Bei der Ausgestaltung von Ganztagsangeboten gilt es, Vor- und Nachmittag
gewinnbringend miteinander zu verknüpfen. Ein inhaltliches und
pädagogisches Rahmenkonzept sollte analog zu den „Leitlinien zum
Bildungsauftrag in Kindertagesstätten“ einen ganzheitlichen
Bildungsbegriff zu Grunde legen, welcher Querschnittsdimensionen von
Bildung aufzeigt und etwa die Bedeutung musisch-ästhetischer,
gesundheitlicher und kultureller Bildung herausstellt. Das Ganztagskonzept
sollte sinnvoll mit den Fachanforderungen verzahnt werden und neben den
Bildungsleitlinien auch Erfahrungen von Vereinen und außerschulischen
Bildungsträgern sowie aus dem PerspektivSchul-Programm berücksichtigen.
- Wenn Schule zum Lern- und Lebensort werden soll, brauchen wir das Erlernen
von Kulturtechniken im Schulunterricht sowieSelbstbildungsprozesse
außerhalb des Unterrichts, beispielsweise in Freispielphasen,
Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag sowie in Ferienprojekten. Darüber
hinaus sollte ein Rahmenkonzept Anforderungen an alltagsorientierte
sprachliche Bildung, Inklusion sowie die Berücksichtigung der
individuellen Lebenslagen der Kinder beschreiben. So ergänzen und
bereichern Ganztagsangebote das schulische Lernen.
- Kinder haben ein Recht auf Beteiligung in allen Belangen zur Gestaltung
ihres eigenen Lebens und des Lebens in der Gemeinschaft. Im Rahmenkonzept
soll verankert sein, dass die Interessen der Kinder bei sämtlichen noch zu
treffenden Entscheidungen Berücksichtigung finden und sie sowie ihre
Eltern und Personensorgeberechtigten entsprechend zu beteiligen sind.
- Das Rahmenkonzept soll nach dem Vorbild der Regelung zur Evaluation des
Kindertagesförderungsgesetzes § 58 (KiTaG) in der Umsetzung begleitet und
evaluiert werden. Eine Überarbeitung im Austausch mit den Schulträgern,
Landeselternvertretungen sowie außerschulischen Bildungsträgern und der
Jugendhilfe schließt an die Evaluation an.
Zur Umsetzung des Rahmenkonzepts setzen wir GRÜNE uns auf kommunaler Ebene dafür
ein, dass Schulträger und Jugendämter in Zusammenarbeit mit Schule,
Ganztagskräften, Schulsozialarbeit und außerschulischen Bildungsträgern
Leitlinien für den Ganztag entwickeln, die auch pädagogische Qualität
beschreiben:
- Alle Kinder mit erhöhtem Unterstützungsbedarf müssen verlässlich und
niedrigschwellig durch Eingliederungshilfe an den Angeboten des Ganztags
teilnehmen können. Gemeinsam mit Kreisen und kreisfreien Städten müssen
wir Strukturen aufbauen, um Unterstützungsangebote wie Sprachförderung und
Assistenz gebündelt immer mit dem Blick auf den Einzelfall anzubieten.
- Auch angesichts des Fachkräftemangels ist unser Anspruch, dass bis 2029 in
allen Ganztagseinrichtungen zumindest in der Leitung pädagogische
Fachkräfte eingestellt werden sollen. Die Leitung des Ganztags soll dabei
Teil einer erweiterten Schulleitungsrunde sein. Durch Bündelung und
Verzahnung der schulischen Unterstützungssysteme mit dem Ganztag können
mehr Arbeitsplätze in Vollzeit entstehen und so die Attraktivität des
Berufsfeldes erhöht werden.
- Die mit der Ausgestaltung befassten Akteure sollen zum Zweck der
gemeinsamen Umsetzung des Rahmenkonzepts zur Qualität des Ganztags
Kooperationsvereinbarungen auf Augenhöhe treffen und gemeinsam die
Ganztagsschule fortentwickeln.
Auf Landes- und Bundesebene setzen wir uns als GRÜNE dafür ein, nach
Haushaltslage Kreise und kreisfreie Städten entsprechend der Anforderungen des
Ganztagskonzepts bei Personalausbau und Fortbildungsangeboten zu unterstützen
und Eltern zu entlasten:
- Für den räumlichen Ausbau und die Weiterentwicklung des Ganztags auch im
Hinblick auf Inklusionsfragen brauchen die Kommunen und kreisfreien Städte
die Unterstützung des Bundes, um eine Umsetzung des Ganztagskonzepts im
pädagogischen Alltag zu ermöglichen. Angebotsqualität sowie
Bildungsgerechtigkeit und Inklusion dürfen nicht allein vom Schulträger
abhängen.
- Eine Aus- und Fortbildungsoffensive zum Rahmenkonzept in Zusammenarbeit
mit den Schulträgern soll die konzeptionelle Umsetzung in den
Ganztagseinrichtungen begleiten. Neben der dringend notwendigen Ausbildung
neuer Fachkräfte soll dabei auch eine Fort- und Weiterbildung von
Lehrkräften und sonstigem schulischen Personal zu Aspekten des Ganztags
erfolgen.
- Wir setzen uns für eine Rahmengesetzgebung ein, die die Reduzierung der
Elternbeiträge für die Betreuung und Angebote im Ganztag bei Geschwistern
und geringen Einkommen möglichst bürokratiearm regelt.
Begründung
Die Vielfalt der Betreuungseinrichtungen sowie der unterschiedliche Stand der Entwicklung des Ganztagsangebots im Land SH erfordert ein schrittweises Vorgehen.
Fachlich ist die Bedeutung des Ganztags für mehr Bildungsgerechtigkeit unumstritten und von verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen wurden Gelingensfaktoren für die Umsetzung beschrieben. Beispielsweise hat das Leibniz-Institut für Bildungsforschung[1] (DIPF) die Bedingungen für eine erfolgreiche Angebotsgestaltung im Ganztag entwickelt. Betreuungsqualität braucht Orientierung. Ganztag soll und kann mehr sein als pädagogisch begleitetes Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung. Ganztag kann Kindern (und Jugendlichen) selbstbestimmte Bildungsmöglichkeiten vorhalten und damit zur Bildungsgerechtigkeit beitragen. Der ganzheitliche, ressourcenorientierte Blick auf Kinder und Jugendliche kann auch für Lehrkräfte im Unterrichtsalltag hilfreich sein. Dies ist beispielhaft in einigen Ganztagsschulen und Betreuten Grundschulen in SH schon jetzt umgesetzt.
In den Koalitionsvereinbarungen auf Landesebene letzten Sommer wurde die Entwicklung einer Rahmenkonzeption vereinbart, ohne näher auszuführen, ob die Angebotsqualität beschrieben werden soll und wie diese gesetzlich verankert werden soll.
Der außerschulische Bildungsbegriff der Bildungsleitlinien des Landes Schleswig-Holstein[2] bereichert das schulische Lernen um selbstbestimmte Lernprozesse. Die Bildungsleitlinien bieten den Mitarbeitenden sowie außerschulischen Partnern im Ganztag Orientierung für die pädagogische Arbeit, sie gelten nicht nur für Kindertageseinrichtungen, sondern auch für Horteinrichtungen, nicht aber für Betreuungseinrichtungen für Schulkinder. Eine Orientierung der pädagogischen Arbeit im Ganztag unter anderem an dem außerschulischen Bildungsbegriff in den Bildungsleitlinien bedeutet einen Qualitätsstandard für die pädagogische Arbeit und ermöglicht Perspektivenvielfalt in multiprofessionellen Teams im Lern- und Lebensort Schule.
Da der Ausbau der Ganztagsbetreuung sowie der Rahmenbedingungen in den Kreisen und kreisfreien Städten unterschiedlich weit fortgeschritten ist, braucht die Umsetzung der Rahmenkonzeption Evaluation und Steuerung. Eine Überarbeitung der Rahmenkonzeption nach Auswertung der Erfahrungen trägt zur Qualitätsentwicklung und -sicherung bei.
Unterstützer*innen
- Mathias Schmitz (KV Pinneberg)
- Gazi Freitag (KV Kiel)
- Christian Herzberg (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Fabian Osbahr (KV Segeberg)
- Arne Lunding (KV Segeberg)
- Ann-Kathrin Tranziska (KV Pinneberg)
- Christina Birnbacher (KV Stormarn)
- Artur Hermanni (KV Pinneberg)
- Andrea Eva Dreffein-Hahn (KV Pinneberg)
- Klaus-Christian Kalkhoff (KV Rendsburg-Eckernförde)
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