Veranstaltung: | Landesparteitag Schleswig-Holstein September 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 5 Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Ökologie (dort beschlossen am: 24.08.2023) |
Status: | Eingereicht |
Abstimmungsergebnis: | einstimmig angenommen |
Antragshistorie: | Version 2 |
A20-(Ä1)-Neu: Retten um zu schützen - für echten Meeresschutz in der Ostsee
Antragstext
Schleswig-Holstein als Land zwischen den Meeren ist wie kein anderes Bundesland
geprägt von Nord- und Ostsee. Vor den Küsten Schleswig-Holsteins liegen sie als
einzigartige Naturlandschaften und Räume für Handel, Fischerei, Freizeit und
Tourismus. Vor Schleswig-Holsteins Ostküste beginnt Europas einziges Binnenmeer:
die Ostsee. Sie bildet den Mittelpunkt der neun Anrainerstaaten Nordeuropas.
Die Europäische Union hat sich mit dem Blue Deal auf den Weg gemacht, auch
dieses Meer besser zu schützen. Schleswig-Holstein hat das Potential, zur
Schlüsselregion für das Gelingen des europäischen Blue Deals zu werden, indem
wir hier vor Ort Techniken und Lösungen für eine klimaneutrale Schifffahrt oder
den Bau neuer nachhaltiger maritimer Infrastruktur sowie zur Beseitigung der
Belastung der Ostsee durch Munitionsaltlasten finden. Wir werden uns auf
europäischer Ebene weiter für verbindliche und schneller sinkende Grenzwerte der
CO2-Emissionen aus der Schifffahrt einsetzen.
Die Ostsee ist nicht nur für die Vernetzung Nordeuropas relevant, sondern auch
für unser Leben in Schleswig-Holstein von großer Bedeutung. Im schwarz-grünen
Koalitionsvertrag haben wir uns dazu bekannt: „Unser Land lebt im mehrfachen
Sinne von dieser besonderen Natur. Sie zu schützen ist Voraussetzung für unsere
Zukunft.” Denn was uns Freude bereitet, uns ernährt und Arbeit gibt, ist in
Gefahr: Die Ostsee ist in einem dramatisch schlechten Zustand. Mit unserer
Nutzung und Verschmutzung bis in den letzten Winkel haben wir dieses Meer
überfordert. Wir selbst haben Raum zur Erholung gefunden, aber keinen Platz zur
Erholung des Meeres und seiner Arten gelassen. Seit Jahren sehen wir die Folgen:
Schrumpfende Fischbestände, wachsende Todeszonen am Meeresgrund, der Verlust von
Seegraswiesen, Riffen und Vogelarten. Dies sind nur einzelne Alarmzeichen dieses
bedrohten Ökosystems. Ohne Dorsch und Hering geht die Fischerei in den
Niedergang. Algenblüten, Faulschlamm und Quallenplagen gefährden das Ökosystem
und damit schlussendlich auch den Tourismus. Es geht so nicht weiter!
Die ökologische Realität führt deutlich vor Augen, dass wir an einem Wendepunkt
stehen. Deshalb setzen wir GRÜNE uns beim Meeresschutz für folgende Ziele ein:
- Den Schutz des einzigartigen Lebensraums der Ostsee mit Seegraswiesen,
Weichkorallenriffen, Muschelbänken, zahlreichen Fischarten, Schweinswalen,
Robben, Küstenvögeln und weiteren bedrohten Ostsee-Ökosystemen sowie Tier-
und Pflanzenarten
- Stärkung der regionalen Wertschöpfung durch nachhaltigen Tourismus
- Eine schnelle und konsequente Umsetzung von 10 % stark geschützter
Meeresschutzgebiete (MPAs) ohne Fischerei oder andere Ressourcennutzung
- Mittelfristig eine Ausweitung auf die von der Internationalen
Naturschutzorganisation IUCN für Meeresschutzgebiete geforderten 50 %
stark geschützten Bereiche ohne Fischerei oder andere Ressourcennutzung
binnen spätestens 10 Jahren, um den gewünschten „Spillover-Effekt“ zum
Beispiel für Fischbestände zu erreichen
- Eine einheitliche und effiziente Verwaltungsstruktur, um künftig alle
bestehenden FFH-Gebiete besser und aus einer Hand zu betreuen und um
großräumige Schutzkonzepte umsetzen zu können
- Eine naturverträgliche Umstrukturierung der Fischerei auf neue schonende
Fangtechniken sowie regionale Vermarktung
- Eine schonende Lenkung des Wassersports insbesondere im Winterhalbjahr,
wofür im Dialog mit Sportler*innen tragfähige Konzepte entwickelt werden
sollen
- Eine weitere Beteiligung des Bundes an der Räumung der Munitionsaltlasten
der Ostsee, auch über die zugesagten 100 Millionen Euro hinaus
- Die Entwicklung nachhaltiger Freizeit- und Tourismus-Konzepte mit
Tourismus- und Wassersport-Organisationen, um entsprechend der Tourismus-
Strategie des Landes Schleswig-Holstein zukunftsfähige Perspektiven für
die regionale Wirtschaft und den Tourismus zu schaffen
- Eine deutliche Verringerung der Nährstofflasten aus Zuflüssen durch
konsequente Umsetzung der bestehenden Düngegesetzgebung und ein neu zu
schaffendes Instrumentarium von agrarischen Förderprogrammen mit dieser
Zielsetzung
- Die Reduzierung des Eintrags von Müll, Mikroplastik und Schadstoffen in
die Ostsee durch Ausbau der entsprechenden Filterstufen in Klärwerken
sowie Erlass verbindlicher Regeln
- Die Abstimmung mit der Bundeswehr zur langfristigen Minimierung
akustischer und optischer Störungen im Rahmen der unvermeidlichen
Übungsaktivitäten.
Mit den Finanzmitteln des Bundes aus der Versteigerung der Lizenzen für die
Offshore-Windkraft und weiteren Mitteln des Bundeslandwirtschaftsministeriums
steht erstmals eine Rekordsumme von über 630 Millionen Euro für den Meeresschutz
zur Verfügung. Jetzt gilt es, gemeinsam mit den Bundesministerien von Steffi
Lemke und Cem Özdemir kluge Konzepte und Maßnahmen für die Nutzung dieser Gelder
zu finden. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass diese Gelder vordringlich
genutzt werden für
- eine technische Umstellung der regionalen Küstenfischerei auf
naturverträgliche Fangtechniken wie z.B. Fischfallen, Langleinen und
Reusen
- die Munitionsräumung in ökologisch hochwertigen Teilen der Schutzgebiete
- eine Beendigung der internationalen Schleppnetzfischerei in Schleswig
Holsteins Ostsee
- die Schaffung von Uferpufferzonen an der Ostsee und ihren Zuflüssen, z.B.
im Rahmen eines Naturschutzgroßprojektes des Bundes, um Dünge- und
Pestizideinträge zu verringern
- die Erforschung und Förderung von lärmmindernden Maßnahmen im
Schiffsverkehr und bei der Marine.
Um diese Ziele zu erreichen, dabei Schleswig-Holstein als Region wirtschaftlich
und touristisch zu stärken und gleichzeitig einen gerechten Ausgleich zwischen
verschiedenen Nutzungen und effektivem Naturschutz zu finden, halten wir GRÜNE
die Einrichtung eines Nationalparks Ostsee für das beste Mittel.
Mit dem begonnenen Konsultationsprozess zur Einrichtung eines Nationalparks
Ostsee haben wir Schleswig-Holsteiner*innen die Chance, Versäumnisse
nachzuholen, Erholungsprozesse anzuschieben und den Lebensraum der Ostsee zu
bewahren - für uns und kommende Generationen. Wir haben es in der Hand, nicht
nur die Natur, sondern auch unsere Lebensgrundlagen, unsere Urlaubsdestinationen
und Lieblings-Spots zu schützen. Jetzt mutig zu handeln bedeutet, die Schönheit
der Ostsee auch in Zukunft erleben zu können.
Wir GRÜNE bekennen uns klar und deutlich zu diesem Prozess und werden auch
weiterhin den Dialog mit allen Interessengruppen, den Kommunen und
Einwohner*innen führen. Gleichzeitig kritisieren wir die zum Teil irreführende
und auf Unwahrheiten beruhende Polemik in der Diskussion und appellieren an alle
Beteiligten, sich am ergebnisoffenen Prozess fair und konstruktiv zu beteiligen.
Begründung
erfolgt mündlich
Unterstützer*innen
- Mathias Schmitz (KV Pinneberg)
- Gazi Freitag (KV Kiel)
- Rainer Borcherding (KV Schleswig-Flensburg)
- Christian Herzberg (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Ocean Renner (KV Nordfriesland)
- Uta Bergfeld (KV Schleswig-Flensburg)
- Saskia Rauen (KV Segeberg)
- Norbert Tretkowski (KV Schleswig-Flensburg)
- Georg Wilkens (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Christina Birnbacher (KV Stormarn)
- Marilla Meier (KV Lübeck)
- Fabian Osbahr (KV Segeberg)
- Erika von Kalben (KV Pinneberg)
- Claudia Jürgens (KV Kiel)
- Bernd Jürgens (KV Kiel)
- Kurt Göttsch (KV Segeberg)
- Ralph Sieber (KV Schleswig-Flensburg)
- Nils Tellert (LV Grüne Jugend Schleswig-Holstein)
- Artur Hermanni (KV Pinneberg)
- Janine Blöhdorn (KV Kiel)
- Sönke Marxen (KV Flensburg)
- Klaus-Christian Kalkhoff (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Ingrid Betzner-Lunding (KV Segeberg)
- Falko Siering (KV Ostholstein)
- Katrin Stange (KV Pinneberg)
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